“Der echte Weihnachtsmann” lauten die Zeilen dieses Beitrags aus dem Bereich “Lyrik und Poesie”. Der folgende Beitrag stammt von Helmut Voigt, der im Jahr 2017 verstorben ist und zahlreiche Gedichte, Kurzgeschichten sowie nachdenkliche Texte hinterlassen hat, die wir gerne veröffentlichen.
Der echte Weihnachtsmann
Es war eine kalte Zeit. Der alte Mann mit hochgeschlagenem Mantelkragen war schon auf der Holzbank eingenickt, als ihn der kleine Junge bemerkte und anstieß: „Opa, aufstehen!“ Langsam hob der bärtige Mann seinen Kopf, über den er eine Kapuze gezogen hatte und blickte das Kind mit trüben Augen an: „Was willst du, Kleiner?“ „Bist du der Weihnachtsmann?“, fragte der Junge neugierig. „Ob ich…? Ja, ja, natürlich bin ich der echte Weihnachtsmann“, lachte der Alte bitter und nahm einen kräftigen Schluck aus einer Schnapsflasche. „Was ist denn da drin?“, fragte der kleine Junge. „Medizin“, antwortete der Alte knapp. „Bist du denn krank?“, erkundigte sich das Kind weiter. „Ich…ja, in gewisser Weise schon…“, grinste der Mann traurig.
„Was hast du denn?“ „Ach weißt du, Kleiner, eigentlich nichts Besonderes“. „Hast du denn etwas für mich, ich meine, zu Weihnachten?“, fragte das Kind, mit einem suchenden Blick nach dem grauen Plastiksack, neben der Sitzbank.
„Da muss ich erst einmal nachschauen“, spielte der Alte seine Rolle weiter und kramte aus dem Müllsack seine lumpige Jacke hervor, in deren Taschen es schließlich einen Keks und ein Stück Schokolade fand, die er noch vor Kurzem mühsam erbettelt hatte.
„Hier für dich“, sprach er und reichte dem Kind seine Gaben, das sich freudig bedankte und verschwand. Als das Kind dann am Heiligen Abend von einem Käuflichen Weihnachtsmann reichlich mit großartigen, tollen Geschenke beschert wurde, sprach es nur: „Du bist doch gar nicht der Weihnachtsmann. Ich habe nämlich schon den richtigen gesehen!“
Nach dem Weihnachtsfest stand in der Zeitung, dass ein Bettler in der Christnacht im Park erfroren sein. Unmittelbar neben dem Wetterbericht.