Oma Schmitz

“Oma Schmitz” lauten die Zeilen dieses Beitrags aus dem Bereich “Lyrik und Poesie”. Der folgende Beitrag stammt von Helmut Voigt, der im Jahr 2017 verstorben ist und zahlreiche Gedichte, Kurzgeschichten sowie nachdenkliche Texte hinterlassen hat, die wir gerne veröffentlichen.

Oma Schmitz

Im Altenheim liegt Oma Schmitz,
die Kinder kommen zu Besuch,
der Schwiegersohn macht einen Witz,
die Tochter zieht das Taschentuch,

denn Oma Schmitz geht bald schon auf die Reise
in ein für sie noch unbekanntes Land.
Sie ist recht müde und sie spricht ganz leise:
„Reicht mir zum Abschied bitte eure Hand.“

Die Tochter setzt sich auf die Bank,
und hat sich nicht in der Gewalt.
Der Enkel fragt: “Sag`, bist du krank?“
Und Oma sagt:“ Nein, ich bin alt.

Mein liebes Kind, ich werde bald schon gehen,
weil unser Leben nun einmal so ist
und sicher wirst du es einmal verstehen,
wenn du erst selber groß und älter bist.

Denn heute bist du noch ganz klein,
Erwachsensein, das wär` dein Glück,
doch bald schon wirst du größer sein,
und denkst an diese Zeit zurück.

Als ich ein Kind war, war ich oft alleine
Und meine Eltern sorgten sich um mich,
sie fragten sich: “Was hat denn nur der Kleine?“
und hier und heute, Junge, fragst du mich.

Ich wurde eine schöne Frau
mit gold`nem Schmuck und langem Haar,
doch heute bin ich alt und grau
und sehe nicht mehr richtig klar.

Kennst du nicht auch die schöne Kinderweise,
vom klaren Bach und auch vom grünen Wald?
Das ganze Leben ist wie eine Reise
durch diese Zeit; am Ende machst du Halt.“

Der Pfarrer nimmt sie ins Gebet,
doch Oma Schmitz gerät in Wut,
sie schmeißt ihn raus – der Pfarrer geht
und Oma Schmitz geht`s wieder gut.

„Wenn du `nen Gott hast, Junge, sei zufrieden
und hast du keinen…nun was macht das schon?
Denn bist du erst mal von der Welt verschieden,
fragt keiner mehr nach deiner Religion.“

Der Arzt, er kommt zum Krankenbett,
wo zwei gekreuzte Schwestern steh`n;
der Arzt ist jung und lächelt nett,
doch Oma Schmitz will ihn nicht seh`n.

Wir gehen alle einmal auf die Reise
In eine Welt, die keiner kennt,
und selbst ein Großmaul wird am Ende leise,
wenn es nur wenig Zeit vom Abschied trennt.

Anmerkung: Dieser Text war ursprünglich ein Songtext.
Leider gibt es keine Aufnahme der gesanglichen Version.

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