Massenspektrometrie – was ist das? Erklärung für Einsteiger

Lesedauer: 8 MinAktualisiert: 9. Oktober 2025 19:21

Die Massenspektrometrie ist ein wissenschaftliches Analyseverfahren, mit dem man die Masse und Zusammensetzung von Atomen, Molekülen oder Ionen bestimmt. Sie gehört zu den präzisesten Methoden der modernen Chemie, Physik, Biologie und Medizin. Damit kann man nicht nur herausfinden, wie schwer ein Teilchen ist, sondern auch was genau in einer Probe enthalten ist.

Kurz gesagt: Die Massenspektrometrie misst die Masse von Teilchen und zeigt, woraus sie bestehen.

Wie funktioniert Massenspektrometrie?

Der Ablauf besteht im Prinzip aus drei Schritten:

  1. Die Probe wird in Ionen umgewandelt (Ionisation).
  2. Diese Ionen werden nach ihrem Masse-Ladungs-Verhältnis getrennt.
  3. Ein Detektor misst die Intensität der einzelnen Ionen und erstellt daraus ein sogenanntes Massenspektrum.

Dieses Massenspektrum ist eine Art Fingerabdruck jedes Stoffes. Auf der x-Achse steht die Masse (m/z), auf der y-Achse die Intensität der gemessenen Ionen. So lässt sich genau erkennen, welche Teilchen vorhanden sind und in welchen Mengen.

Der Aufbau eines Massenspektrometers

Ein Massenspektrometer besteht im Wesentlichen aus vier Teilen:

KomponenteAufgabe
EinlasssystemBringt die Probe in das Gerät (fest, flüssig oder gasförmig)
IonisationsquelleWandelt die Probe in elektrisch geladene Teilchen um
AnalysatorTrennt die Ionen nach Masse und Ladung
DetektorErfasst die getrennten Ionen und erzeugt ein Massenspektrum

Je nach Anwendung unterscheiden sich die Geräte in Größe und Funktionsweise, das Grundprinzip bleibt aber gleich.

Welche Ionisationsmethoden gibt es?

Je nachdem, welche Art von Probe untersucht wird, nutzt man unterschiedliche Ionisationsverfahren:

  • Elektronenstoßionisation (EI): Klassische Methode für gasförmige Proben, häufig in der organischen Chemie.
  • Elektrospray-Ionisation (ESI): Besonders für flüssige Proben und große Biomoleküle wie Proteine geeignet.
  • Matrix-unterstützte Laser-Desorption/Ionisation (MALDI): Ideal für sehr große Moleküle, z. B. Peptide oder Polymere.
  • Chemische Ionisation (CI): Mildere Variante zur schonenden Ionisierung empfindlicher Substanzen.

Alle Verfahren haben dasselbe Ziel: Moleküle elektrisch zu laden, damit sie im Analysator bewegt und gemessen werden können.

Wie werden die Teilchen getrennt?

Die Trennung erfolgt im sogenannten Massenanalysator. Hier entscheidet das Verhältnis aus Masse und Ladung (m/z), wie stark die Ionen in einem elektrischen oder magnetischen Feld abgelenkt werden.

Anleitung
1Die Probe wird in Ionen umgewandelt (Ionisation).
2Diese Ionen werden nach ihrem Masse-Ladungs-Verhältnis getrennt.
3Ein Detektor misst die Intensität der einzelnen Ionen und erstellt daraus ein sogenanntes Massenspektrum.

Beispiele für Analysatoren sind:

  • Quadrupol-Analysator – schnell, kompakt und häufig in Routineanalysen
  • Flugzeit-Analysator (TOF) – misst, wie lange ein Ion bis zum Detektor braucht
  • Ionenfallen (Ion Trap) – ermöglichen die Speicherung und Analyse einzelner Ionen
  • Orbitrap oder FT-ICR – extrem präzise High-End-Systeme für Forschung und Biochemie

Was zeigt das Massenspektrum?

Das Ergebnis der Messung ist ein Diagramm, das anzeigt, welche Ionen in welcher Menge vorliegen. Jeder Peak steht für eine bestimmte Masse – also für ein bestimmtes Molekül oder Fragment.

Anhand der Position und Höhe der Peaks kann man:

  • die Molekülmasse bestimmen
  • Rückschlüsse auf die chemische Struktur ziehen
  • Stoffe identifizieren oder vergleichen
  • in Kombination mit Chromatografie auch Gemische analysieren

Ein einfaches Beispiel:
Wenn du die Masse eines unbekannten Stoffs bestimmst und im Spektrum einen deutlichen Peak bei 58 siehst, könnte es sich um Aceton handeln – das typische Molekularion liegt dort.

Anwendungen der Massenspektrometrie

Die Massenspektrometrie ist extrem vielseitig und wird in vielen Bereichen eingesetzt:

  • Medizin und Pharmazie: Analyse von Medikamenten, Hormonen und Proteinen
  • Kriminaltechnik: Identifizierung von Substanzen, Drogen oder Sprengstoffen
  • Umweltanalytik: Nachweis von Schadstoffen oder Mikroplastik
  • Biotechnologie: Bestimmung von DNA-Fragmenten und Enzymen
  • Materialforschung: Untersuchung von Metallen, Kunststoffen oder Nanopartikeln
  • Lebensmittelchemie: Kontrolle von Aromen, Rückständen oder Verfälschungen

Die Methode ist so empfindlich, dass sie selbst winzige Mengen im Bereich von Nanogramm oder Pikogramm noch sicher nachweisen kann.

Vorteile der Massenspektrometrie

VorteilBedeutung
Hohe EmpfindlichkeitNachweis kleinster Mengen möglich
PräzisionSehr genaue Bestimmung der Masse
VielseitigkeitAnwendbar für Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe
SchnelligkeitErgebnisse oft in wenigen Minuten verfügbar
KombinierbarMit GC oder LC für besonders saubere Trennung von Stoffgemischen

Grenzen und Herausforderungen

Auch die Massenspektrometrie hat Einschränkungen:

  • Hohe Anschaffungs- und Wartungskosten
  • Erfordert geschultes Personal
  • Empfindlich gegenüber Verunreinigungen
  • Interpretation der Spektren kann komplex sein

Trotzdem gilt sie heute als Goldstandard in der Stoffanalyse – weil keine andere Methode so präzise und schnell so viele Informationen liefert.

Die Geschichte und Entwicklung der Massenspektrometrie

Die Wurzeln der Massenspektrometrie reichen bis ins frühe 20. Jahrhundert zurück. Der britische Physiker J. J. Thomson, der auch das Elektron entdeckte, gilt als einer der Begründer dieser Technik. Bereits 1912 entwickelte er ein Gerät, mit dem er die Masse von Ionen messen konnte – ein Vorläufer der modernen Massenspektrometer.

Später verfeinerte Francis Aston die Methode und erhielt 1922 den Nobelpreis für Physik, weil er mit seinem Massenspektrographen Isotope nachweisen konnte. Seitdem hat sich die Technik rasant weiterentwickelt: von einfachen Magnetfeldanalysatoren bis hin zu hochauflösenden Orbitraps und Fourier-Transform-Massenspektrometern (FT-ICR), die heute Moleküle mit atemberaubender Genauigkeit untersuchen können.

Moderne Geräte können nicht nur Massen mit extrem hoher Präzision bestimmen, sondern auch ganze Molekülstrukturen rekonstruieren. Durch die Kombination mit Chromatografietechniken (wie GC-MS oder LC-MS) lassen sich komplexe Stoffgemische trennen und einzeln analysieren – ein entscheidender Fortschritt in der analytischen Chemie.

Gerade in der Medizin und Biotechnologie ist Massenspektrometrie heute unverzichtbar. Mit ihr lassen sich Proteine, Metaboliten oder DNA-Fragmente präzise identifizieren. Sie spielt auch eine Schlüsselrolle in der personalisierten Medizin, etwa beim Nachweis von Biomarkern für Krankheiten.

Auch die Umweltanalytik profitiert stark: Massenspektrometer erkennen winzige Schadstoffkonzentrationen in Luft, Wasser und Böden. In der Kriminaltechnik wird sie genutzt, um Drogen, Gifte oder Lackspuren zuverlässig zu identifizieren. Selbst in der Astrophysik kommt sie zum Einsatz – bei der Untersuchung von Staubpartikeln, Meteoriten und Planetengasen.

Die Zukunft der Massenspektrometrie liegt in Miniaturisierung und Automatisierung. Portable Geräte, gekoppelt mit KI-gestützten Auswertungen, ermöglichen künftig schnelle Analysen direkt vor Ort – etwa bei Umweltkontrollen, Lebensmittelprüfungen oder medizinischen Tests.

Kurzum: Was einst eine experimentelle Labormethode war, ist heute ein unverzichtbares Werkzeug in Wissenschaft, Industrie und Alltag.

Häufige Fragen zur Massenspektrometrie

Was misst man mit der Massenspektrometrie genau?

Sie misst das Verhältnis von Masse zu Ladung (m/z) einzelner Ionen und erlaubt Rückschlüsse auf deren chemische Struktur.

Was ist ein Massenspektrum?

Ein Diagramm, das zeigt, welche Ionen in welcher Menge vorkommen. Es ist der typische „Fingerabdruck“ einer chemischen Substanz.

Wie genau ist die Massenspektrometrie?

Die Genauigkeit hängt vom Gerätetyp ab. Hochauflösende Systeme wie Orbitrap oder FT-ICR erreichen eine Massengenauigkeit im Bereich von wenigen Millionstel der gemessenen Masse (ppm). Damit lassen sich selbst kleinste Unterschiede zwischen Isotopen nachweisen.

Was bedeutet das Verhältnis m/z genau?

m steht für die Masse eines Ions, z für seine elektrische Ladung. Der Wert m/z zeigt also, wie stark ein Ion pro Ladungseinheit beschleunigt oder abgelenkt wird. Ionen mit gleicher Masse, aber unterschiedlicher Ladung, verhalten sich unterschiedlich.

Welche Probenarten kann man analysieren?

Fast alle – von Gasen und Flüssigkeiten bis hin zu Feststoffen. Wichtig ist, dass die Probe ionisierbar ist. Mit speziellen Ionisationsmethoden kann man selbst empfindliche Biomoleküle, Medikamente oder Kunststoffe untersuchen.

Wie lange dauert eine Messung?

Kleine Analysen sind oft in Sekunden erledigt. Komplexe Proben mit vielen Komponenten – etwa bei LC-MS-Kopplungen – benötigen einige Minuten bis Stunden, je nach Trennmethode und Auswertung.

Ist die Massenspektrometrie zerstörungsfrei?

Nicht immer. Bei manchen Ionisationsverfahren, insbesondere bei der Elektronenstoßionisation, werden Moleküle fragmentiert. Es gibt jedoch „sanfte“ Verfahren wie ESI oder MALDI, die Moleküle weitgehend intakt lassen.

Kann man mit Massenspektrometrie Stoffe identifizieren, die man nicht kennt?

Ja, das ist eine der größten Stärken. Das Massenspektrum liefert charakteristische Muster, die mit Datenbanken verglichen werden können. So lässt sich der unbekannte Stoff oft eindeutig bestimmen.

Welche Kombinationen mit anderen Methoden sind üblich?

Sehr häufig werden GC-MS (Gaschromatografie-Massenspektrometrie) und LC-MS (Flüssigchromatografie-Massenspektrometrie) eingesetzt. Damit lassen sich komplexe Mischungen erst trennen und dann analysieren.

Wird Massenspektrometrie auch in der Forensik eingesetzt?

Ja, sie ist ein zentrales Werkzeug. Mit ihr können forensische Labore Drogen, Sprengstoffe, Blutspuren, Schmauch oder chemische Rückstände präzise identifizieren – oft schon aus winzigen Mengen.

Wie teuer ist ein Massenspektrometer?

Einfache Laborgeräte beginnen bei etwa 50.000 €, komplexe High-End-Systeme kosten mehrere Hunderttausend Euro. Hinzu kommen Wartung, Schulung und Software.

Gibt es portable Massenspektrometer?

Ja, moderne kompakte Geräte können heute schon in mobilen Laboren eingesetzt werden – z. B. bei Zoll, Polizei oder Umweltanalysen. Sie sind weniger präzise, aber enorm praktisch für schnelle Vor-Ort-Messungen.

Wofür wird Massenspektrometrie in der Lebensmittelindustrie genutzt?

Zum Nachweis von Rückständen, Aromastoffen oder Verunreinigungen. Mit ihr lässt sich feststellen, ob Produkte authentisch, sicher und frei von Schadstoffen sind.

Kann man mit Massenspektrometrie auch biologische Proben untersuchen?

Ja, gerade in der Proteomik (Analyse von Proteinen) ist sie unverzichtbar. Sie hilft, Proteine zu identifizieren, ihre Struktur zu bestimmen und krankheitsrelevante Veränderungen zu erkennen.

Welche Rolle spielt Software bei der Auswertung?

Eine enorme. Moderne Massenspektrometer erzeugen riesige Datenmengen. KI-gestützte Programme helfen, Muster zu erkennen, Strukturen vorherzusagen und Spektren automatisch zuzuordnen.

Wie unterscheidet sich Massenspektrometrie von Spektroskopie?

Spektroskopie misst, wie Stoffe Licht absorbieren oder emittieren, während Massenspektrometrie Massen von Ionen bestimmt. Beide Verfahren ergänzen sich – zusammen liefern sie besonders präzise Analysen.

Was sind Isotopenanalysen in der Massenspektrometrie?

Sie zeigen, welche Isotope (z. B. ¹²C oder ¹³C) in einer Probe vorkommen. Das ist hilfreich, um Herkunft, Alter oder Stoffwechselprozesse zu bestimmen – etwa in Geowissenschaften oder der Klimaforschung.

Was bedeutet m/z?

Das ist das Verhältnis von Masse (m) zu Ladung (z) eines Ions. Ein einfach geladenes Ion hat z = 1, also entspricht der m/z-Wert seiner tatsächlichen Masse.

Wofür wird Massenspektrometrie in der Medizin genutzt?

Zum Beispiel zur Identifikation von Medikamenten, Drogen oder Krankheitserregern im Blut oder Urin – präzise, schnell und zuverlässig.

Kann man mit Massenspektrometrie Moleküle bestimmen?

Ja, das ist einer der Hauptzwecke. Sie erlaubt die genaue Bestimmung von Molekülmassen und kann sogar Strukturinformationen liefern.

Zusammenfassung

Die Massenspektrometrie ist ein leistungsstarkes Analyseverfahren, das Moleküle und Atome nach ihrer Masse trennt und identifiziert. Durch Ionisation, Trennung und Detektion entstehen detaillierte Spektren, die als molekularer Fingerabdruck dienen. Sie wird in Laboren weltweit eingesetzt – von der Umweltanalytik über die Pharmazie bis hin zur Forensik.

Fazit

Massenspektrometrie ist präzise, schnell und vielseitig – und liefert oft entscheidende Informationen über Zusammensetzung und Struktur von Stoffen. Ob in der Forschung oder in der Medizin: Wer verstehen will, was in einer Probe steckt, kommt an dieser Methode nicht vorbei.

Checkliste
  • Elektronenstoßionisation (EI): Klassische Methode für gasförmige Proben, häufig in der organischen Chemie.
  • Elektrospray-Ionisation (ESI): Besonders für flüssige Proben und große Biomoleküle wie Proteine geeignet.
  • Matrix-unterstützte Laser-Desorption/Ionisation (MALDI): Ideal für sehr große Moleküle, z. B. Peptide oder Polymere.
  • Chemische Ionisation (CI): Mildere Variante zur schonenden Ionisierung empfindlicher Substanzen.

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