Der Schreckschuss (zu Weihnachten)

“Der Schreckschuss” lauten die Zeilen dieses Beitrags aus dem Bereich “Lyrik und Poesie”. Der folgende Beitrag stammt von Helmut Voigt, der im Jahr 2017 verstorben ist und zahlreiche Gedichte, Kurzgeschichten sowie nachdenkliche Texte hinterlassen hat, die wir gerne veröffentlichen.

Der Schreckschuss

„Wie alt ist denn ihr Sohn?“ fragte die mittelalterliche Verkäuferin. „Mein Sohn,“ antwortete der bärtige Mann, „der ist sieben Jahre alt.“ „Für einen siebenjährigen Jungen würde ich Ihnen dieses Modell empfehlen: unverwüstlich, hart, stabil, ihr Kind wird sicher begeistert sein.“ Der Mann zahlte und ging.

Gerade rechtzeitig zur Bescherung traf er zu Hause ein. Stolz übergab er seinem strahlenden Kind sein Geschenk. „Hier hast du einen echten Schreckschussrevolver.“ „Danke, Vati,“ sagte der Junge.

Der Mann erinnerte sich an seine Kindheit und an die eigens von seinem Vater geschnitzte Holzpistole, und wie begeistert hatte er als „Soldat“ das Gewehr in Empfang genommen.

Nun wurden heilige Lieder zu der Musik vom Plattenspieler gesungen, während der Junge mit der Spielzeugpistole herumballerte. „Du bist sofort still,“ sagte der Vater. „Hör auf damit!“ Doch sein Junge dachte gar nicht daran. Er sprang über Stühle und Tische, bis sein Vater unmittelbar vor ihm stand. „Gib mir sofort die Pistole!“ befahl dieser streng, doch sein Sohn dachte überhaupt nicht daran, sondern zielte vielmehr auf seinen Vater und drückte zweimal ab.

Der Vater war innerlich tief getroffen.

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